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AutorenbildTine Hamburger

Tag 6 / New York

Tag Nr. 6 in New York:


Ein guter Morgen beginnt mit einem Frühstücks-Sitzplatz und guten Gesprächen. Ich erfahre, dass Jürgen Arzt war und 18 Enkelkinder hat.

Das Ernährungs-Desaster nimmt seinen Lauf. Ich töte alles Weißmehl und den Süsskram mit 2 Bechern Kaffee im Magen ab, vermeide den schleimigen Alternativ-Porridge (Hot Food is not available) und erwische noch etwas Obst.


Frisch gestärkt ;-) nehmen Isabella und ich die Metro. Wir sind mittlerweile Vollprofis ohne Plan…. Ich habe eine App aktiviert, die mir Orientierung gibt. Sie heißt: Eric‘s New York. Mit Eric zusammen laufen wir drei jetzt Metro- und Stadtplanmässig zur Hochform auf.


Wir wollen ins Financial District, etwas schoppen und Sightseeing. Der Vormittag ist noch zur freien Verfügung. Ein spezielles Geschäft interessiert mich noch. Die haben tolle Mode und Wohnaccessoires.

Wir schwelgen in Blusen, Hosen und Kleidern…fachsimpelnd über Farben, Formen und Sonnenbrillen. Isabella probiert noch das „Sale“-Schild an, aber es kneift etwas unter den Achseln.

Dann weiter durch die Häuserschluchten zur Wallstreet, zur Börse und zum „Bullen“, der wild umlagert und streng bewacht in Bronze gegossen mittendrin eine gute Figur macht. Schon ist der Bummel-Vormittag rum, Metro zum Hotel, kurze Pause.


Ich stopfe mir noch einen pappigen Bagel zwischen die Zähne, packe meine Sachen und wir warten auf den Bus. Manchmal ist in Amerika 14:00 eher 14:30 Uhr. Aber: die Sonne scheint, wir schwatzen… die Gruppe kennt sich mittlerweile ganz gut.


Die Busfahrt dauert 1,5 Stunden nach Burlington in New Jersey. Vorbei an Skyline, Freiheitsstue und Ikea schieben wir uns durch dichten Verkehr. Ich schlafe etwas und beschließe, alles locker auf mich zukommen zu lassen.

Aufregung wäre auch eine Alternative gewesen, da wir auf der „United Music & Arts Conference“ als „The German Gospel Choir“ eingeladen sind.


Prof. Craig Hayes begrüsst und am Seiteneingang einer für hiesige Verhältnisse mittelgroßen Kirche und wir lernen nach einem gefühlt 2-Sekunden-Einsingen einen neuen Song. Er ist der typische afro-amerikanische Chorleiter, singt spielend alle Tonlagen, alles ohne Noten, bedient groovig ein Klavier und würzt alles mit viel black Soul.

Die Gemeinde hat ein Abendessen für uns vorbereitet. Durch ein Labyrinth von Gängen, vorbei an Kirchendienern und Fitnessraum kommen wir in einen hellen Speisesaal mit gedeckten Tischen (die Tischdecken erinnern mit an meinen Regenumhang ) und riesigem Buffet.


Wir stärken uns und ziehen uns um für den Auftritt. Das heißt die anderen…. Kennt ihr das: Damentoilette vor einem Auftritt? Ein Bienenschwarm von sich schminkenden, umkleidenden, Haare zupfenden Ladies. Geräuschpegel, wie in einer Bahnhofshalle…. Ich fühle mich wie auf ner Klassenfahrt in der 7.

In meinem Kopf ist allerdings nur noch: „Wir müssen noch mal die beiden Songs proben!!!!“


Gesagt, getan. Alle Schäfchen zusammengetrommelt, Johannes spielt die ersten Töne, beide Songs klappen gefühlt reibungslos. Im Flur ziehe ich mich noch schnell um und schon werden wir wieder durch die Katakomben des Tempels in die eigentliche Kirche geführt.

Es sind verschieden Chöre, Gruppen und Gemeindemitglieder schon anwesend. Auf reservierten Plätzen, in Stimmen verteilt sitzend beginnt die Konferenz.

Schnell schlüpfe ich noch in meine Highheels, Wechsel die Ohrringe und mach meine Haare schön.


Ich verstehe nicht alles von der Begrüßung, höre aber irgendwas von „Herzlich willkommen, white chicken.“ und fühle mich sehr white.

Die zuständige Pastorin liest einen Bibeltext und betet sich locker auf Hysteriestufe 3. Nach den Praise Dancers ist das Paise Team dran.

Wir hören und singen mit dem Worshipteam von Craig tolle mutmachende Songs… für mich als white chicken, zu vielen Wiederholungen der gleichen Textzeile, aber ich fühle mich getragen und aufgehoben. Wir singen auch den gemeinsam eingeübten Song vom Nachmittag. Ich kann mir nur noch schwach erinnern und mache Freestyle.


Der erste Chor tritt auf „The Sanders Family“ und fängt mich ein mit tollen Stimmen, charmanten Ansagen und schönem afro-amerikanischen Sound ein.

Dann wird Geld gesammelt. Aus Ermangelung an Dollars, werfe ich Euros in den Korb und merke langsam aufkommende Aufregung. Jetzt sind wir dran.


Alle Mann hoch auf die Bühne, Stimmen kurz sortiert und dann Johannes motivierend anlächelnd geht der erste Song los. „Go to God in Prayer“

Unerwartet steigt der Schlagzeuger der Haus-Band mit ein. Okay……. Es groovt „wie Sau“ ich versuche Text, Arrangement, Töne, Motivation und Dirigat zu koordinieren und animiere alle zum Mitklatschen. Der Chor ist aus dem Häuschen, hinter mir tobt das Publikum und ich tanze mich durch. Was für ein Feeling, was für ein Moment!!!

Zum Ende des Songs versuche ich dann den Schlagzeuger etwas „runter zu dimmen“, damit wir die Dynamik der Bridge gut aufbauen können. Er reagiert prompt und am Schluss erklimmen wir dann auch Hysteriestufe 3 zusammen.

Mit tosendem Applaus können wir in den zweiten Song starten. Ich bin aufgespult und in vollem Einsatz. Der Chor tanzt und hüpft, Klavierbegleitung und Schlagzeug sind voll dabei und wir hauen die Message raus: „Just to know you, is all I want!“ Das Publikum flippt aus (lasse ich mir hinterher sagen), wir wiederholen die Bridge gefühlt endlos und enden fulminant zusammen mit allen auf „Everyday!“ Tosender Applaus bricht los, der Chor geht von der Bühne und ich kriege das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht.


Craig dankt uns und freut sich über die „German Energie“, lobt mein Dirigat und dass ich den Chor voll im Griff gehabt hätte. Ich bin berührt und fühle mich Crazy!!!

Es folgen noch zwei weiter Chöre, Improvisation mit Call and Response angeleitet von Craig und nach vielen Worten und Gebet gehen wir über in ein „wir singen mal noch ein paar Songs, die gerade so im Raum schweben.“

Einer ist „Alpha and Omega“ und in meinem inneren Monitor ziehen all die Gruppen und Chöre vorbei, mit denen ich das Lied schon gesungen habe. Mit schiessen die Tränen in die Augen. Was für ein Privileg hier zu sein, zusammen Gott zu loben, so viel Energie zu spüren, Segen zu empfangen.

Mein Leben ist so reich - ich bin so dankbar!!! His spirit is here!!!!


Es folgen noch „Halleluja, Salvation and Glory“ und „Total Praise“ und ich verschmelze laut zwischen Sopran und Alt wechselnd mit dem fiesesten Südstaaten-Vibrato, was meine Stimme hergibt, in alle dem.


Als wir alle wieder runtergekocht sind, müssen wir zum Bus. Kurze Fotosession und viel Glück- und Segenswünsche später plumpse ich in meinen Sitz, Isabella animiert mich noch zum „Du ist jetzt viel Wasser trinken“ und ich versuche mein Hirn zu sortieren.

An schlafen nicht zu denken…. Mein Adrenalin spielt mal wieder Musik-Tourette mit mir und eine Melodie nach der anderen ploppt in meinem Kopf hoch.


Im Hotel angekommen werde ich umgehend mit der Realität konfrontiert und damit bin ich wieder auf dem Boden der Tatsachen angelandet. Die Zimmermädchen habe sämtlich Handtücher eingesackt.

Die eben noch Gospel-Diva stapft zur Rezeption und holt sich, was sie braucht. Im Aufzug singe ich noch leise vor mich hin: „Teach me and guide me, show me yours ways….“

Was Handtücher mit Gottes Wegen zu tun haben sollen, das muss mir noch mal jemand erklären!!!


Herzliche Grüße aus New York!












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